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Muslimische Vielfalt in Deutschland

 

Dieses Dossier wird auf www.migration-boell.de und www.muslimische-stimmen.de veröffentlicht.

 

Seit Anfang der 1970er Jahre lebt eine relevante Anzahl von Menschen muslimischen Hintergrunds aus verschiedenen Herkunftsländern in Deutschland. Sie kamen als Arbeitsmigranten aus der Türkei und den arabischen Mittelmeeranrainerländern, als Flüchtlinge vor allem aus dem Iran, Bosnien und den arabischen Ländern oder als Studierende. Heute leben hier nach amtlichen Schätzungen 3,1 bis 3,4 Millionen Menschen muslimischen Hintergrunds. Lange Zeit haben sich Gesellschaft und Politik wenig um die Bedürfnisse der muslimischen Glaubensgemeinschaft(en) gekümmert. Doch dann hat 9/11 weltweit und auch in Deutschland den radikalen Islamismus als politische Ideologie ins öffentliche Bewusstsein gerückt und zugleich in fataler Weise die Millionen in den westlichen Ländern lebenden Muslime pauschal als potentielle Sympathisanten des Terrors stigmatisiert: Hier die Freunde der Freiheit, dort deren Feinde. Übersehen wird dabei freilich, dass viele Muslime gerade im Westen Schutz vor Unfreiheit und Unterdrückung gesucht haben. Sie sehen sich jetzt einer doppelten Ausgrenzung ausgesetzt: als Migranten und als Muslime.

 

Die von außen vorgenommene Zuschreibung ,muslimisch' ist aber nicht nur ausgrenzend. Sie stellt auch eine vollkommen unzureichende Vereinheitlichung dar, um die "Identität" der einzelnen Person oder die gesamte Gruppe der Menschen mit muslimischem Hintergrund zu definieren. Menschen mit muslimischem Hintergrund haben - wie alle Menschen - vielerlei Identitäten. Weil sie in mehrheitlich muslimischen Gesellschaften ihre Wurzeln haben, bezieht sich ein Teil ihrer Identität auf den Islam, seine Geschichte und Traditionen. Schicksalhaft und eindimensional ist ihre Zugehörigkeit zum Islam deshalb noch lange nicht. Auch gläubige Muslime definieren sich in ihren eigenen Selbstzuschreibungen keineswegs allein über ihren Glauben, sondern auch über ihre politische, berufliche oder sexuelle Identität.

 

Daher setzt das Dossier an der Vielfalt muslimischen Lebens an und will der Essentialisierung entgegen wirken, indem Menschen vorgestellt oder zu Wort kommen, die sich nicht nur in religiösen Fragen, sondern auch künstlerisch und politisch äußern oder zivilgesellschaftlich engagieren. Identitäten können nicht nur, wie Amartya Sen kürzlich gezeigt hat, tödlich sein. Sie können auch stärken - nämlich dann, wenn sie die Emanzipation von diskriminierenden Zuschreibungen und Benachteiligung befördern. Diesen Emanzipationsprozess durchlaufen heute viele Menschen, die ihre muslimische Identität "zurückerobern" und neu zu definieren suchen.

 

Die Formierung einer muslimischen Glaubensgemeinschaft im rechtlichen Sinn, die durch die Deutsche Islamkonferenz (DIK) angestoßen wurde und auf mittlere Sicht in die Gleichstellung mit den christlichen Kirchen münden dürfte, kann einen Schritt auf dem Weg der Emanzipation und der Integration des deutschen Islam in ein freiheitlich verfasstes Gemeinwesen bedeuten. Wenn es der muslimischen Glaubensgemeinschaft - als Gemeinschaft von Gläubigen, nicht jedoch als separierte Rechts- oder Kulturgemeinschaft - ermöglicht wird, sich gleichberechtigt an der öffentlichen Meinungsbildung zu beteiligen, kann sie auch zur moralischen Grundierung dieser Gesellschaft beitragen.

 

Doch der Prozess der Anerkennung der Muslime in Deutschland als Glaubensgemeinschaft wird auch die Gegner des politischen Islams unter den MuslimInnnen stärken. Jedenfalls dann, wenn zwischen der Repräsentation religiöser Interessen und der Artikulation politischer, ökonomischer oder kultureller Interessen unterschieden wird. Die Ausdifferenzierung einer muslimischen Glaubensgemeinschaft müsse dafür Handlungsspielraum schaffen, dass die zivilgesellschaftlichen Akteure mit oder ohne muslimischen Glauben, ihre Sache selbst in die Hand nehmen - nicht nur als Türken oder Muslime, sondern als Mitglieder der deutschen Gesellschaft mit unterschiedlichsten Interessen, aber gleichen Rechten.



Verantwortlich für Konzeption und Redaktion dieses Dossiers sind die Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus, Betül Yilmaz und Clémence Delmas, Initiatorinnen des Internetprojektes Muslimische-Stimmen.de sowie Olga Drossou, Redakteurin von migration-boell.de.

 


DEBATTE Wie soll der religiöse Pluralismus in Deutschland organisiert werden?

12.07.07

Man kommt nicht umhin, die Migrationsrealität anzuerkennen, tut sich aber nach wie vor schwer, der Mehrheitsgesellschaft die daraus folgenden gesellschaftlichen Veränderungen zuzumuten. Basis von Integrationspolitik in einer demokratischen Gesellschaft muss die rechtliche Gleichstellung sein. [mehr]

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Von: Norbert Müller
DEBATTE Wie soll der religiöse Pluralismus in Deutschland organisiert werden?

12.07.07

Es wäre gut, wenn man es schaffen würde, möglichst viele Selbstorganisationsformen von Muslimen auch außerhalb der Moschee mit Stimmrecht einzubeziehen. Es gibt engagierte Frauen- und Studentenvereine mit großem Potential; dieses sollte nicht ungenutzt bleiben. [mehr]

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Von: Mounir Azzaoui
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12.07.07

Wie schafft man es, eine Repräsentation zu gründen, die auch die vielen, in Deutschland lebenden Muslime, die nicht in irgendeiner der aktuell bestehenden Islam-Organisationen Mitglied sind, mit vertritt oder ihnen zumindest das entsprechende Angebot unterbreitet?[mehr]

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Von: Volker Beck
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12.07.07

Die Aufgabe, verlässliche und demokratische muslimische Strukturen zu bilden, liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse und sollte im Hinblick von Empowerment angegangen werden. [mehr]

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Von: Aiman Mazyek
Übersicht über Studien zum Islam in Deutschland

12.07.07

Zusammengestellt von Riem Spielhaus[mehr]

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Islam und Staatsbürgerschaft in Deutschland

04.07.07

Die fundamentalsten Probleme türkischstämmiger Deutscher und anderer Muslime liegen in der Aberkennung bürgerlicher Rechte, sozialer Diskriminierung und dem Fehlen ökonomischer und politischer Integration - und nicht in der Religion. [mehr]

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Von: Jonathan Laurence
Geht Organisieren über Agieren?

04.07.07

Für problematisch halte ich, dass die Frage der Repräsentanz inzwischen alle anderen Fragen einer gesellschaftlichen (und das ist mehr als einer staatlichen) Anerkennung des Islam überlagert.[mehr]

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Von: Günter Piening
"Mit Muslimen etwas bewegen"

04.07.07

Der unsichtbare Sprecher dieser Aufforderung steht mitten in der Gesellschaft und hat keine spezifische Kultur oder Religion. Er sieht Muslime nicht als Gefahr oder als Fremde, sondern als potentielle Akteure für soziale Projekte und für die Lösung gesellschaftlicher Probleme.[mehr]

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Von: Nina Mühe

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