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Interview mit Abdennur Prado
19.07.07

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Könnten Sie sich selbst kurz vorstellen?

Mein Name ist Abdennur Prado. Ich bin ein zum Islam konvertierter spanischer Staatsbürger und Vorsitzender der Junta Islámica Catalana (der katalanischen Sektion der Junta Islámica). Ich war Leiter und bin aktuell Redakteur der www.webislam.com, der meistbesuchten islamischen Website in spanischer Sprache. Ich bin Autor des Buches "El Islam en democracia" (2005), ausserdem habe ich zahlreiche Artikel über das islamische Denken und aktuelle Themen verfasst. Ich habe den I. und II. Internationalen Kongress des Islamischen Feminismus (Barcelona, 2005 und 2006) geleitet. Aber in erster Linie fühle ich mich nicht als "islamischer Führer" sondern eher als Dichter und in gewisser Weise auch Denker, der sich für die Lage des Menschen in der Gegenwart, das Abtriften der Demokratie und die der Globalisierung innewohnenden Spannungen interessiert.

Was ist die Junta Islámica, was hat sie für eine Funktion?

Ich definiere die Junta Islámica gern als eine Interpretationsgemeinschaft, die tief in der islamischen Spiritualität verwurzelt ist und ein Projekt für eine neue Lesart der Tradition in unserer gegenwärtigen Zeit entwickelt hat.

Sie wurde 1989 als eine Art Dachorganisation gegründet mit dem Ziel, die Moslems in Spanien organisatorisch miteinander zu verbinden und für unsere Bürgerrechte zu kämpfen. Gemeinsam mit anderen islamischen Gemeinden bildete sie die Federación Española de Entidades Religiosas Islámicas - FEERI, die Spanische Föderation der Muslimischen Religiösen Einrichtungen, und danach die Comisión Islámica de España - CIE, die Spanische Islamkommission, das höchste Vertretungsorgan der Moslems in Spanien. Der Vorsitzende der Junta Islámica, Mansur Escudero, war zwanzig Jahre lang (bis 2005) Generalsekretär der Spanischen Islamkommission. 1992 unterschrieb er in Vertretung der Moslems das Gesetz zur Kooperationsvereinbarung mit dem spanischen Staat, das die religiösen Rechte der Bürger muslimischer Konfession festschreibt.

Die Junta Islámica hat auf der Grundlage der Gewissensfreiheit zahlreiche Projekte angeschoben und so gemeinsame Räume  der Begegnung und des Austausches über Themen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Interesses ermöglicht. Wir haben eine intensive Analyse- und Informationsarbeit entwickelt, die die unterschiedlichsten Bereiche einschließt: Geopolitik, Ökonomie, gesellschaftliche Bewegungen und Umweltproblematik.

Wir engagieren uns dafür, das Gleichheitsprinzip des Islam publik zu machen im Rahmen einer Öffnung und eines gegenseitigen Verständnisses, mittels künstlerischer Schöpfung, der Verfassung von Büchern und Zeitschriften, der Organisation von Konzerten und verschiedenen Seminaren, zusätzlich zu der herausragenden Präsenz in den Medien.

Wir haben Studien zum islamischen Recht über Streitthemen wie Steinigung, Misshandlungen, Apostasie, Scheidung und vollständiger Vereinbarkeit des Islam mit einem demokratischen System durchgeführt. Das alles auf der Grundlage des Mandats, die Koran-Offenbarung hier und jetzt zu empfangen in unserer Situation als europäische Bürger des 21. Jahrhunderts.

 
Aus welchen Ländern kommen die meisten spanischen Muslime und seit wann gibt es eine muslimische Präsenz in Spanien?

Es ist unmöglich, eine konkrete Zahl zu nennen, aber man geht davon aus, dass die muslimische Bevölkerung in Spanien circa 1.200.000 Leute umfassen könnte. Die Mehrzahl von ihnen sind Einwanderer aus dem Maghreb und eine bedeutende Zahl befindet sich in einer illegalen Situation (die sogenannten "Papierlosen"). Aber  man registriert auch eine steigende Zahl von Moslems aus Pakistan, Subsahara-Afrika (Mali, Senegal, Nigeria) und aus Nahost (Syrien, Palästina, Libanon), abgesehen von den Konvertiten.


Welche Rolle spielt die Geschichte von Al-Andalus für das nationale Bewußtsein und die Lage der Moslems in Spanien?
 
Ich glaube nicht, dass es so etwas Einheitliches wie das "nationale Bewußtsein" gibt, es handelt sich eher um Mythen, die mehr oder weniger von der Gemeinschaft akzeptiert werden. Im Falle von Al-Andalus haben wir es mit gegensätzlichen Meinungen zu tun. Da sind solche, die diesen Abschnitt unserer Geschichte lobpreisen, und auch jene, die die spanisch-muslimische Zivilisation nach wie vor als ausländisch betrachten, als Produkt einer hypothetischen "arabischen Invasion".

Für die spanischen Moslems stellt Al-Andalus eine Inspiration dar. Wir haben es mit einem riesigen spirituellen und intelektuellen Vermächtnis ersten Ranges zu tun, das es verdient, aus der Vergessenheit gerissen zu werden. Dieses Urvermächtnis bestärkt die Unabhängigkeit des spanischen Islam in Bezug auf ausländische Einmischungen (sowohl politischer als auch religiöser Natur).

Als zum Beispiel Amina Wadud im Jahre 2005 ein Gebet in New York leitete, war die Mehrzahl der offiziellen Religionsgelehrten (Ulema) gegen sie. In Spanien nehmen wir auf unsere eigene Tradition Bezug und so fanden wir heraus, dass zwei bedeutende Andalusier sich zugunsten des weiblichen Imamats aufgestellt haben: ibn Rushd (Averroes, einer der großen Juristen der Geschichte des Islam) und ibn 'Arabi (bekannt als Shayk al-Akbar, der größte Meister des Sufismus). Auf diese Weise dient Al-Andalus dazu, unsere Unabhängigkeit zu stärken und die gegenwärtig in Erscheinung tretende progressive Positionierung im spanisch-muslimischen Denken des Mittelalters zu unterstützen.

Andererseits muss man sagen, dass die Mehrheit der Muslime in Spanien (aus  Einwandererfamilien) kein Bewußtsein bezüglich der Bedeutung 'Al-Andalus' haben.
 

Auf welche Probleme stoßen Moslems in Spanien, gibt es eine religiöse Diskriminierung?


Wir Moslems befinden uns in Spanien in einer sehr positiven juristischen Lage und haben eine Reihe garantierter Grundrechte dank der Verfassung, des Organgesetzes über die Religionsfreiheit und die 1992 vom spanischen Staat und der Spanischen Islamkommission unterzeichnete Kooperationsvereinbarung. Dennoch ist die wirkliche Situation nicht eben gut, da diese Rechte vom Staat selbst offenkundig verletzt werden.

In der Praxis stoßen wir auf Schwierigkeiten bei der Eröffnung von Moscheen, man verweigert uns Flächen auf öffentlichen Friedhöfen, man begeht keine islamisch-religiösen Feste, da ist die Nicht-Regulierung der Halal-Ernährung, den Moslems wird die Teilnahme an der Verwaltung von Erbe islamischen Ursprungs verweigert, das Recht auf Erteilung von Islam-Unterricht an den Schulen wird nicht erfüllt und die Behörden vernachlässigen generell die religiösen Bedürfnisse der Moslems. Das alles sind legitime Rechte der muslimischen Bürger, die so im Gesetz zur Kooperationsvereinbarung erwähnt sind, Rechte, die immer wieder durch Stadtverwaltungen, autonome Gemeinden und den gesamten Staatsapparat verletzt werden.

Ein Beispiel dieser Verletzung der Rechte spiegelt sich in der Schwierigkeit wider, die die Moslems bei der Eröffnung neuer Kultstätten haben. In den letzten Jahren hat es aufgrund von Nachbarschaftsprotesten Schließungen von Gebetsräumen in Santa Coloma de Gramanet, Almería, Arenys und Reus gegeben.  Gegenwärtig gibt es Probleme bei der Eröffnung von Moscheen in Ávila und auch in Sevilla, wo sich eine Bürgerplattform gebildet hat, die den Bau einer Moschee zu behindern versucht. Das ist eine Geschichte, die sich das eine um das andere Mal wiederholt und die die prekäre Situation der religiösen Freiheit der Muslime in Spanien zum Ausdruck bringt.

Damit Sie sich eine Vorstellung von der Reichweite dieses Problems machen können: In Spanien gibt es lediglich sechs Moscheen neuer Bauart (Madrid, Valencia, Marbella, Fuengirola, Málaga und Granada), obwohl es gegenwärtig das Land mit der vierthöchsten Anzahl von Muslimen in der Europäischen Union ist.

Die hintergründige Ursache für die Straffreiheit bei der Verletzung von religiösen Rechten der musliminischen Staatsangehörigen ist das Klima der Islamfeindlichkeit, in dem wir leben, und die Art und Weise wie die Ablehnung des Islams die demokratischen Einrichtungen beeinflusst. Die Islamfeindlichkeit, die von den Medien erbarmungslos angefacht wird, besitzt ein enormes Wählerpotential. Vor Jahren schon sahen wir die Wiederauferstehung rechtsextremer politischer Bewegungen, die die Angst und das Mißtrauen manipulieren, die sowohl der Islam als auch die Einwanderung hervorbringen.

Wir können die Bedeutung der Islamfeindlichkeit, die heute denselben Platz einnimmt wie der Antisemitismus Anfang des 20. Jahrhunderts, nicht kleinreden. Das ist derselbe Antisemitismus, den es immer gegeben und der zum Holocaust geführt hat, aber mit einem neuen Haßobjekt, mit den Muslimen, die die Rolle des "nicht assimilierbaren Anderen" besetzen, der sich weigert, seine Identität aufzugeben, um in der Herde unterzugehen. Alle Elemente des klassischen europäischen Judenhasses und jedes einzelne von ihnen haben einen Bezug zur Islamfeindlichkeit. Ein charakteristischen Element dieser Überlegungen ist die Theorie, dass es eine "islamische Konspiration zur Eroberung Europas" gibt, bekannt als "Eurabia". Diese Theorie nimmt denselben Platz ein wie früher die "Protokolle der Weisen von Zion" in der antisemitischen Vorstellungsweise. Ich glaube, es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Islamfeindlichkeit der Faschismus des 20. Jahrhunderts ist.

 
Welche Themen werden gegenwärtig in Spanien bezüglich der Muslime diskutiert?

 
Ich glaube nicht, dass es viele Unterschiede im Vergleich zu anderen Ländern gibt: die Dämonisierung der Moslems, die ständigen Aufrufe zur Integration, die Schaffung eines künstlichen Problems bezüglich des Hiyab, der Terrorismusalarm, die Debatten rund um die Eröffnung von Moscheen, die Botschaften über die "Islamische Invasion in Europa" ... Letzten Endes folgt der Hauptteil der Debatte über den Islam in Spanien einer durch Think Tanks aufgestellten Agenda. Diese Think Tanks sind an bestimmte finanzielle Interessen geknüpft und bedienen sich der Massenmedien. In der Mehrzahl der Fälle sind wir Moslems nicht zur Teilnahme eingeladen, da wir ganz selbstverständlich als "ein Problem" betrachtet werden.

Am Rande der dominanten Überlegungen haben wir von der Junta Islámica und weitere Gruppen für die Verteidigung der Bürgerrechte versucht, andere Debatten einzubringen, wie z.B. die Notwendigkeit der Umsetzung des Gesetzes zur Kooperationsvereinbarung oder der Aufruf, eine religiöse Freiheit zu entwickeln; die Wiedererlangung des Al-Andalus als integraler Bestandteil der spanischen Identität; die Notwendigkeit des islamisch-christlichen Treffens (ein Beispiel: die große Wirkung des Ersuchens um ein gemeinsames Gebet in der Moschee-Kathedrale von Córdoba); die Notwendigkeit, die Islamfeindlichkeit zu bekämpfen und die Debatte über den islamischen Feminismus.


Verglichen mit anderen Moslems in Europa und nach Ihren eigenen Erfahrungen, welche ist die Besonderheit der spanischen Muslime?

Das Wachstum der muslimischen Bevölkerung wird erst seit kurzem beobachtet. In den letzten 15 Jahren sind mehr als eine Million Leute in ein Land gekommen, das aus einer 40jährigen Diktatur kam, die sich auf den Katholizismus stützte. Das erklärt die heikle gesellschaftliche und organisatorische Entwicklung. Aber das bietet uns auch Elemente dafür zu analysieren, was in anderen Ländern geschehen ist und die Gelegenheit, einigen Fehlern vorzubeugen.

Der zweite große Unterschied besteht in der Bedeutung der Konvertiten-Bewegung, zu der ich gehöre, deren Wirkung bei weitem die jedweder anderer islamischen Einrichtung oder Organisation übertrifft. Man kann sagen, dass im Gegensatz zur Mehrzahl der europäischen Länder, der Islam in Spanien in zahlreichen Foren und Debatten erscheint und sein fortschrittlichstes Gesicht zeigt.

 
Wie sind die Muslime politisch und religiös organisiert?

Die Lage auf institutionellem Niveau lässt sich als ein totales Scheitern und ein Bankrott der offiziellen Repräsentanten des Islam beschreiben. Es ist eine Tatsache, dass die große Mehrheit der Moslems die Einrichtungen, die sie gegenüber dem Staat vertreten, nicht als legitim anerkennen.

Um diese Situation zu verstehen, ist es notwendig, zu den Anfängen des Konsolidierungsprozesses des religiösen Pluralismus zurückzukehren. Die Spanische Verfassung von 1978 schreibt die Konfessionslosigkeit des Staates  und die religiöse Freiheit als Grundrechte fest, einschließlich des Rechtes auf Nichtdiskriminierung und Gleichheit vor dem Gesetz unabhängig von der ausgeübten Religion. Im Jahre 1980 wurde das Organgesetz  über die Religionsfreiheit verabschiedet, das den Weg geebnet hat für eine legale Existenz nicht katholischer Einrichtungen und für die nachfolgende Möglichkeit, dass diese Kooperationsvereinbarungen mit dem Staat eingehen, ähnlich dem Konkordat mit dem Vatikan. Nach Verabschiedung des Gesetzes förderte das Justizministerium die organisatorische Bewegung der religiösen Minderheiten. Es ging darum, die Moslems aus ihrer Anonymität herauszuholen und sie sichtbar zu machen und mit legaler Anerkennung auszustatten. So wurde die Föderation der muslimischen religiösen Einrichtungen (FEERI) geschaffen, aus der sich dann  eine Gruppe von Gemeinden löste, die die Union der islamischen Gemeinden in Spanien (UCIDE) gründete. Die FEERI und die UCIDE bildeten die Spanische Islamkommission (CIE), die das Gesetz zur Kooperationsvereinbarung mit dem Staat im Jahre 1992 unterschrieb. Von dem Moment an traten wir in eine Periode des Stillstandes im Hinblick auf die Entwicklung der Religionsfreiheit ein. In diesem Zeitabschnitt kam es zum größten Wachstum der muslimischen Gemeinde infolge der hauptsächlich aus Marokko, aber auch aus Pakistan und Subsahara-Afrika  kommenden Einwanderer. Die Mehrzahl dieser Einwanderer hat nicht am vorher geschilderten Prozess teilgenommen und fühlt nicht die geringste Verbundenheit mit den beiden großen Verbänden. Diese Loslösung ist in dem Maße gerechtfertigt, als das die CIE es nicht geschafft hat, die religiösen Bedürfnisse der Gemeinden zu erfüllen und sich gegenwärtig untätig und wenig fordernd zeigt. Man muss sagen, dass sowohl die UCIDE als auch die FEERI seit 2005 umfangreiche Subventionen vom Staat erhalten. In der Gegenwart haben wir es mit folgender Situation zu tun: die CIE ist das höchste Vertretungsorgan der Moslems, sie wird als solches vom Staat anerkannt aber mehrheitlich von den Muslimen abgelehnt. Abgesehen von der CIE beobachten wir die Gründung neuer Gruppierungen islamischer Religionsgemeinschaften, die sich nicht mit der CIE identifizieren, aber als gültige Vertretungsorgane der Moslems auf der Ebene der Autonomien  auftreten. Es haben sich neue Verbände in Katalonien, Madrid, Murcia, Valencia und den Balearen gebildet, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt schon den wirklichen repräsentativen Charakter der CIE übertreffen.

Diese neuen Verbände setzen sich hauptsächlich aus den eingewanderten Moslems zusammen, die beim anfänglichen Prozess der Unterzeichnung von Kooperationsvereinbarungen außen vor blieben und mehrheitlich aus dem Maghreb kommen. Sie haben ein sehr gemäßigtes Profil und sind die einzigen, die diese Blockade in Zukunft lösen können, vorausgesetzt dass der Staat es versteht, sie als gültige Gesprächspartner anzuerkennen.

 
Könnten Sie uns etwas mehr über webislam.com erzählen? Wie ist sie gestartet? Was ist ihr Inhalt und ihre Philosophie? Wie viel Erfolg hat sie?

Ich würde Webislam gern als eine virtuelle und interpretierende Gemeinschaft definieren. Virtuelle Gemeinschaft in dem Maße, in dem sie als Verbindung zwischen geographisch weit entfernten Menschen dient, sowohl in Spanien als auch in Lateinamerika. Und interpretierend in dem Maße, in dem Webislam ein offenes Portal für das neue, in spanischer Sprache erzeugte, islamische Denken ist, das Antworten auf die großen Fragen über den Islam und die Gegenwart sucht. Webislam wurde 1997 geschaffen aus der Notwendigkeit heraus, ein eigenes Kommunikationsmittel zu haben, mittels dessen sich all die Kreativität der sich um die Junta Islámica versammelten Moslems kanalisieren kann.

Bevor Webislam gegründet wurde,  hatte die Gemeinschaft das Verlagsprojekt CDPI und die Zeitschrift „Verde Islam“ entwickelt. Aber die eigene Dynamik der Junta Islámica brachte die Notwendigkeit einer beweglicheren informativen Dimension mit sich mit mehr Möglichkeiten, die Inhalte zu aktualisieren und zu überarbeiten, und mit den besten Kommunikationswerkzeugen für Leser und Mitarbeiter. Das Internet stattete die Junta Islámica mit einer neuen Dimension und einem neuen Format aus. Die dokumentarische Grundlage und der analytische Apparat dehnte sich in wachsendem Maß aus und die Verbreitungsmöglichkeiten erweiterten sich deutlich.

Gegenwärtig befindet sie sich auf einem spanischsprachigem Portal mit islamischem Bezug, auf das Moslems und Nichtmoslems zugreifen und das eine alternative Vision zum vorherrschendem Denken anbietet. Zur Zeit wird die Website im Monat von circa einer halben Million Menschen aller fünf Kontinente besucht. Dabei muss man die Wirkung von Webislam in Lateinamerika hervorheben, wo wir eine große Anzahl von Mitarbeitern verzeichnen. Diese Wirkung bedeutete die Öffnung der Junta Islámica, die internationale Ausmaße angenommen hat. Früchte dieses qualitativen Sprungs sind der I. Internationale Kongress der spanischsprachigen Muslime (Sevilla 2003) und der I. und II. Internationale Kongress des islamischen Feminismus (Barcelona 2005 und 2006) gewesen.

Ich kann nicht über Webislam sprechen, ohne ihre Gründerin, Shahida Sabora Uribe, zu würdigen, die sich durch ein enormes persönliches Engagement im ersten Existenzjahr der Website ausgezeichnet hat. Ein Jahr nach dem ersten Auftreten im Internet, im Oktober 1998, fand das vielleicht radikalste Ereignis im Werdegang dieser Gemeinschaft statt: die brutale und gewaltsame Ermordung von Sabora Uribe, der Ehefrau von Mansur Escudero, in Dar as-Salam, ihrem Haus in Almodóvar del Río, genau an dem Tag, an dem wir den ersten Jahrestag der Website feierten.

Ab jenem Moment ist die intellektuelle Gemeinschaft, die sich um die Junta Islámica herum gebildet hatte, sanft und stufenweise als eine existenzielle und spirituelle Gemeinschaft in Erscheinung getreten. Vom Teilen überraschender Funde und aufschlussreicher Inhalte gingen wir dazu über, eine tiefe und essentielle Unsicherheit zu teilen, eine spirituelle Armut, unser Dasein als geschaffene und abhängige Wesen. In dieser Umgebung aus Unsicherheit und Transparenz konnte die Junta Islámica dann mit größerer Widerstandsfähigkeit die Risiken, die die Vielfalt in jedweder interpretierenden Gemeinschaft mit sich bringt, auf sich nehmen.  Die verschiedenen Visionen kamen oft als gegensätzlich zum Ausdruck, aber über den Reichtum der Inhalte hinweg war es für uns notwendig, ein beschlossenes, einheitliches Kriterium zu erhalten, eine einheitliche, zeitgemäße und nützliche Überlegung. Insha Al-lah (So Gott will).

 

Link: www.webislam.com (Spanisch)

 
Interview von Clémence Delmas, Übersetzung von Angela Hampl-Hernández G.