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Interkulturelle Begegnung - Malaysia
12.12.07

Kategorie: Interkulturelle Begegnung, ERFAHRUNGEN

In dieser Serie werden Erlebnisse von Austauschschülern in muslimischen Gastfamilien vorgestellt. Die Berichte, die wir mit Genehmigung der Austauschorganisation AFS veröffentlichen, haben die Austauschschüler selbst verfasst. Inga und Erik haben ihr Austauschjahr in Malaysia verbracht. Malaysia boleh lah! - In Malaysia geht alles! von Inga Nachdem man fast ein Jahr im tropisch warmen Malaysia verbracht hat, kommt einem Deutschland auch im Frühherbst winterlich kalt und ziemlich grau vor. Das war der erste Eindruck, der mir auf dem Frankfurter Flughafen widerfahren ist. Vor allem das tropische Klima und die Farbenpracht der Menschen sowie der Natur zeichnen den Halbinselstaat in Südostasien aus. Schon auf dem Flughafen von Kuala Lumpur sind mir Menschen verschiedener Hautfarben und in sehr farbenreicher, traditioneller Kleidung entgegengekommen. Die ethnische Vielfalt stellt eine große Besonderheit in Malaysia dar. Denn in Malaysia leben fast 30% Chinesen, 10% Inder und nur ungefähr die Hälfte der Bevölkerung sind Malaien. Dies führt auch zu einer großen Religionsvielfalt. Malaysia ist zwar offiziell ein muslimisches Land, so sind alle Malaien automatisch muslimisch, jedoch gibt es unter den Indern viele Hindus, Sikhs und Christen. Die Chinesen sind meistens Buddhisten oder Christen. Insgesamt wird in Malaysia sehr viel Wert auf die Erhaltung der jeweiligen Kultur und Religion gelegt. Dies macht ein interkulturelles Austauschjahr in Malaysia erst so interessant. Nach Außen hin sieht es so aus, als ob diese drei Kulturen friedlich miteinander leben würden, bei genauerem Hinsehen stößt man jedoch oft auf Unstimmigkeiten zwischen den drei Bevölkerungsgruppen. Dies macht auch die politische Situation des Staates ziemlich kompliziert. Erste Begegnung mit der Gastfamilie Passend zu dem warmen Klima sind auch die Menschen in Malaysia sehr freundlich und warm zu mir gewesen. So war das erste positive Erlebnis die Begrüßung meiner Gastfamilie. Ich war sehr gerührt als ich von meiner kleinen Gastschwester sogar einen Blumenstrauß bekam. Und meine Gastfamilie mich nicht gleich in unser neues zu Hause fuhr, sondern erst in einen botanischen Garten, wo wir uns bei einem malaiischen Eis mit süßen Bohnen gleich kennen lernen konnten. Zum Glück gab es keine große Sprachbarriere, da die meisten Einwohner Malaysias ziemlich gut Englisch sprechen können. Dadurch bin ich meiner Familie sehr schnell nahe gekommen, unter anderem auch, weil sie drei kleine Kinder haben, mit denen es leicht war Kontakt zu schließen. Nach dem Besuch im botanischen Garten ging es weiter zu einem traditionellen, malaiischen Karneval (Citra Warna), der zu der Zeit glücklicherweise stattfand. Es war sehr beeindruckend abends die ganze Stadt in bunten Lichtern zu sehen und die puppenhaften Tänzer zu bewundern. Kurz danach hat mir meine Gastmutter erzählt, dass sie auch einmal eine sehr erfolgreiche Tänzerin war und hat mich dazu bewegt sich in ihrer alten Tanzschule auch am asiatischen Tanz zu versuchen. Ich hatte sogar eine kleine Tanzaufführung in einem Theaterstück. Als wir nach dem eindrucksvollen Abend mein neues zu Hause erreichten, war ich positiv überrascht, da ich mir eine Hochhaussiedlung anders vorgestellt hatte (grau und leblos). Unsere jedoch hatte sogar einen Swimmingpool im Innenhof und ein kleines Café, wo man schnell die Hausbewohner kennen lernte. Besuch der malaiischen Schule Bald kehrte das Alltagsleben ein und ich begann zur Schule zu gehen. Das Schulleben in Malaysia unterscheidet sich sehr von dem in Deutschland. Es herrscht viel mehr Disziplin. Alle tragen eine Schuluniform und müssen z.B. jeden Morgen die Schul-, Stadt-, und Nationalhymne singen. Dies ist eine sehr beeindruckende Szene, wenn ungefähr 2000 Schüler in geraden Reihen, geordnet nach Geschlechtern und Klassenstufen, patriotisch und im Gleichklang singen. Ich habe mich zuerst etwas merkwürdig gefühlt und nicht mitgesungen, nach einiger Zeit empfand ich aber eine Art Liebe für das Land Malaysia und habe mich als ein Teil der Schule gefühlt, sodass ich beschloss mitzumachen. Die ganze Schule war davon sehr begeistert. Manchmal fühlte ich jedoch zuviel Aufmerksamkeit, denn die ganze Schule wusste meinen Namen „Inul“ (meine Gasteltern gaben mir einen malaiischen Namen) und riefen ständig hinterher. Viele wollten z.B. mein Haar anfassen, da die meisten nie braunes Haar gesehen hatten (für viele war es einfach blond obwohl es braun war). Man hat sich manchmal gefühlt wie ein Schauobjekt. Der Unterricht verlief oft sehr undiszipliniert, da die Schüler nicht direkt gefordert wurden zu lernen. Wer will, lernt und wer nicht will, macht was er möchte z.B. auch schlafen, da viele der Schüler private Nachhilfelehrer haben und im Prinzip nur zur Schule kommen, um die Arbeiten mitzuschreiben. Malaiisches Familienleben Sich dem malaiischen Familienleben anzupassen war nicht ganz einfach. Und ich bin in den ersten Wochen in viele „Fettnäpfchen“ getreten. Vor allem als Mädchen muss man viel beachten. Da es sich bei meiner Familie, um Muslime gehandelt hat, musste ich sehr darauf achten, dass ich nichts zu offenes anziehe, immer die richtige Sitzweise habe, also nie im Schneidersitz sitze, sondern die Beine zur Seite halte, immer im Haushalt mithelfe und nie den Gasteltern widerspreche bzw. sie kritisiere. Beim Begrüßen älterer Menschen muss beachtet werden, dass man zuerst den älteren Mann mit einer Verbeugung und einem Handkuss begrüßt, danach die Frau auf dieselbe Weise. Kleinere Kinder taten dies bei mir auch. Freunde begrüßt man, indem man zuerst die Hand schüttelt und sie dann zum Herzen führt. Das Spielen der asiatischen Tochterrolle, glaube ich, war das Schwierigste an meinem Austauschjahr. Jedoch habe ich mich nach einiger Zeit daran gewohnt und empfand es nicht mehr als eine Art Unterdrückung. Religiöse Feste in Malaysia Dadurch, dass es in Malaysia so viele religiöse Gruppen gibt, werden sehr viele Feste gefeiert. Eine schöne Tradition ist in meinen Augen, die des „offenen Hauses“. Egal welcher ethnischen Gruppe oder Religion man angehört, kann man während eines Festes jedes beliebige Haus besuchen, obwohl man dessen Bewohner gar nicht kennt. Zum Beispiel war das erste besondere Fest für mich Hari Raya (das muslimische Zuckerfest nach dem Fastenmonat). Der Fastenmonat war ein interessanter Zeitabschnitt für mich, denn ich habe mich auch entschieden einen Monat lang zu fasten. Es war am Anfang schwierig, den ganzen Tag von ungefähr 5 Uhr morgens bis 7 Uhr abends es ohne zu essen und vor allem zu trinken auszuhalten. Am Verlockendsten waren die sog. Essensmärkte, die es während dieser Zeit gab. So wurden mehrere Stunden vor dem Fastenbruch Essensstände mit einer riesigen Vielfalt an Leckereien aufgestellt und lockten die hungrigen Leute etwas zu kaufen. Jedoch durfte das Gekaufte erst um ungefähr 7.10 Uhr verzehrt werden. Interessante Szenen gab es immer kurz vor dem Fastenbruch, wenn alle Restaurants und Essensmärkte voll mit Leuten waren, die alle sich bereits was zu essen gekauft hatten und erwartungsvoll auf die Uhren schauten, bis endlich die erlösenden Gebetsrufe des Muezzins aus der Moschee den Fastenbruch ankündigten. So begannen alle gleichzeitig in Unmengen zu trinken und zu essen. Morgens war es auch nicht einfach schon gegen 4.30 Uhr aufzustehen und eine große Essensportion in sich zu drücken, die einem Mittagessen ähnelte. Und wieder wurde der Fastenbeginn durch die Gebetsrufe des Muezzins festgelegt. Vor allem während der Fastenzeit war unser zu Hause immerzu mit Leuten fast überfüllt, die jedoch meinen Aufenthalt interessanter und erlebnisreicher machten. So waren wir in unserer 3-Zimmer Wohnung, oft bis zu 12 Personen. Meine Gastfamilie hatte einen weiteren Gastschüler für ein halbes Jahr aufgenommen, Saif aus Dubai, der für mich eine Art Bruder darstellte. Zudem wohnte die jüngere Schwester meiner Gastmutter mit uns zusammen, eine Hausangestellte, meine Gastfamilie, die aus 5 Personen bestand und manchmal übernachteten, die Angestellten aus dem „Autoworkshop“ meiner Gasteltern auch bei uns. Es macht in Malaysia keinem was aus auf dem Boden zu schlafen, es gibt also für Malaien immer Platz im Haus. So erinnere ich mich an eine Situation, in der ich mit meiner Gastfamilie für das Zuckerfest in das Heimatdorf meines Gastvaters gefahren bin. Da große Staus auf den Strassen herrschten, sind wir erst gegen 3 Uhr nachts angekommen. Als uns der Hausherr die Tür öffnete, sah ich im Dunkeln einen großen Raum, auf dessen Boden ungefähr 30 Leute von jung bis alt schliefen. Unserer Familie wurde auch eine Ecke zugewiesen und am nächsten Morgen erwachte ich in einem Durcheinander an Menschen und Gepäck. So habe ich in Malaysia auch gelernt meine Bedürfnisse zurückzuschrauben. Malaiisches Essen Das Essen in Malaysia ist auch ein interessantes Thema, so wird einem in Malaysia eine Vielfalt an Gerichten angeboten. Die Küche reicht von malaiisch, indisch, chinesisch über indonesisch bis thailändisch. So bestand meine Gastfamilie darauf, dass ich unbedingt so viele Gerichte wie möglich probiere und die malaiische Essensweise mit der Hand lerne. Kein Wunder, dass ich der AFSschen „Regel“ nach auch an Gewicht zugelegt habe. Erfahrungen in indischen und chinesischen Gastfamilien Interessant fand ich auch meinen Aufenthalt in einer indischen und einer chinesischen Familie. Während des chinesischen Neujahrs verbrachte ich ein paar Tage bei einer chinesischen Familie, die mir einen Einblick in die chinesische Kultur lies. So wurde ich in ein buddhistisches Kloster gebracht, zu einer Drachentanz Vorstellung und durfte mich an chinesischen Delikatessen wie z.B. einer Haifischflossensuppe versuchen. Des Weiteren hatte ich die Möglichkeit fast drei Wochen lang den Alltag einer indischen Familie zu beobachten. Sehr beeindruckend fand ich es fast jeden Morgen von Hindu-Mantra-Gesängen geweckt zu werden. Wenn ich meine Zimmertür öffnete, stieg mir ein Geruch von Räucherstäbchen, Jasminblüten und Gewürzen in die Nase. Am Hausaltar betete versunken in einer Art Trance mein Gastvater. Es gibt noch so viele Eindrücke, die ich in diesen Bericht nicht einfügen konnte, jedoch ist es auch schwierig fast ein Jahr auf drei Seiten zu beschränken. Ich hoffe trotzdem, dass ich einen kleinen Einblick in die malaiische Welt geben konnte. Zukünftige AFSer (Austauschschüler) möchte ich gerne dazu ermutigen, sich auch in exotische Länder zu trauen und sich nicht von dem Unbekannten entmutigen zu lassen. _______________________________________________________________ Drei grundverschiedene Kulturen in einem Land von Erik Ich heiße Erik und bin im Juli 2006 mit AFS Begegnungen e.V. für ein Schuljahr nach Malaysia geflogen, um hier den kulturellen Unterschied zwischen Deutschland und Malaysia kennen zu lernen und wertvolle Erfahrungen für mein Leben zu sammeln. "Warum gerade nach Malaysia?" werde ich oft von Einheimischen gefragt.
Ich wollte ganz speziell nach Malaysia, weil ich nur hier drei so grundverschiedene Gesellschaften auf so engen Raum zusammenleben, sodass ich hier den Islam, den Hinduismus und die chinesischen Religionen hautnah erleben kann. Die Nationalsprache Malaysias ist Malaiisch, jedoch spricht man innerhalb der einzelnen Rassen immer noch deren Muttersprache, weshalb ich die Möglichkeit habe Indisch, Chinesisch und Malaiisch zu lernen. Von immer größerer Bedeutung wird jedoch Englisch, welches besonders in den Großstädten schon sehr geläufig ist. Die Gastfamilie Als  Austauschschüler lebe ich in einer chinesischen Gastfamilie in einer kleinen Stadt im Süden Malaysias. Ich wohne hier zusammen mit meinen Gasteltern, meinen Geschwistern (3, 7 und 9 Jahre), meinem Onkel und meiner Großmutter. Zuhause wird hauptsächlich Chinesisch gesprochen, von dem ich mir schon einen kleinen Wortschatz aneignen konnte. Die Kommunikation zwischen mir und meiner Familie läuft aber hauptsächlich in Englisch, Malaiisch und nicht zu vergessen auf Körpersprache ab. Essensvielfalt in Malaysia In Malaysia hat man aufgrund der vielen verschiedenen Volksgruppen ein großes Angebot an verschiedenen Speisen. Die Basis jeder Mahlzeit ist Reis, Reisnudeln oder Weizennudeln, wozu man meist Gemüse und Fisch oder Fleisch isst. Es ist aber zu beachten, dass die Muslimen kein Schweinefleisch und die Hinduisten aufgrund ihres Glaubens kein Rindfleisch essen, weshalb Ziegen- und Hühnerfleisch am beliebtesten sind. Sehr verbreitet ist in Malaysia die Tradition des Nachtmahls, wobei man spontan eines der vielen billigen Straßenlokale aufsucht, um noch einen Imbiss vor dem Schlafengehen zu haben. Die Essenspreise sind in Malaysia für jedermann erschwinglich, sodass man für 1 Euro schon eine sättigende Mahlzeit mit einem Getränk erhält. Malaiisches Schulsystem Das malaiische Schulsystem ist grundverschieden vom deutschem. Die Grundschule umfasst sechs Jahre und wird von nur einer Bevölkerungsgruppe besucht, weshalb es indische, chinesische und islamische Schulen gibt. In diesen haben die Schüler die Möglichkeit ihre Muttersprache schreiben und lesen zu lernen, was bei so kaligraphischen Schriftarten wie sie Indisch, Chinesisch und Arabisch darstellen schon eine Herausforderung darstellt. Zusätzlich wird aber auch erwartet, dass die Schüler fließend Malaiisch und Englisch sprechen können, wenn sie in die Sekundarstufe wechseln. Diese umfasst fünf Jahre, jedoch wird sie von allen Schülern zusammen besucht. Am Ende der Sekundarstufe erhalten die Schüler den Realschulabschluss, welcher ihnen Zugang zur zweijährigen Abiturstufe ermöglicht. Der offensichtlichste Unterschied ist aber die Schuluniform, die jeder Schüler tragen muss. Mir persönlich scheint es sehr angebracht, dass man in Malaysia Schuluniformen trägt, weil besonders im ländlichen Raum immer noch Armut besteht, sodass mit Uniformen ein gewisser Kleidungsstandard eingeführt wird. In malaiischen Schulen herrscht ein für mich ungewohntes Maß an Disziplin was dadurch zum Ausdruck kommt, dass Schmuck, langes oder gefärbtes Haar, Bart, lange Fingernägel, Handys, Taschentücher, Verspätungen und schlechte Noten nicht geduldet werden. Bei Verstößen gegen die strenge Schulordnung, stehen dem Lehrer eine große Auswahl an "Erziehungsmaßnahmen" zur Verfügung. Diese reichen von Eintrag ins Disziplinbuch über Entfernung durch abschneiden/ rasieren bis zur Geld- und Rohrstockstrafe. Das malaiische Bildungssystem basiert auf staatliche Prüfungen die alle drei Monate in jedem Fach geschrieben werden. Dies finde ich einerseits positiv, da man dadurch einen objektiven und vergleichbaren Eindruck von dem Wissensstand des Schülers gewinnt, der nicht durch subjektive Empfindungen des Lehrers verfälscht wurde. Jedoch führt dies in Malaysia dazu, dass fast alle Schüler zum teuren Nachhilfeunterricht gehen, weil sie sich vom Schulunterricht nicht weitgehend genug auf die Prüfungen vorbereitet fühlen. Das Leben eines malaiischen Schülers Im Leben eines malaiischen Schülers genießt die Bildung allerhöchste Priorität, weil sie von ihrem gesamten Umfeld nur anhand von Prüfungsergebnissen eingeschätzt werden, drängen sie sich selbst zu immer neuen Höchstleistungen in der Schule, sodass der durchschnittliche Schüler drei Stunden täglich mit Hausaufgaben verbringt und dreimal die Woche für zwei Stunden zusätzlich zum Nachhilfeunterricht geht. Eine Sportart zu betreiben ist für die meisten Jugendlichen hier ziemlich schwierig, da sie einerseits wenig Freizeit dazu haben und andererseits regelmäßiger Sport oft als negative Ablenkung vom Lernen angesehen wird. Weshalb die meisten Teenager ihre Freizeit mit schlafen, lesen, fernsehen und im Internet surfen verbringen. Es kommt aber immer noch vor, dass Schüler am Nachmittag arbeiten gehen müssen, um die Armut der Familie etwas zu mildern. Ich persönlich möchte aber auf Sport nicht verzichten, sodass ich jetzt sehr oft Badminton (der populärste Sport Malaysias) spiele und auch wöchentlich im Jogging Club laufe. Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich sehr freundlich und herzlich in Malaysia aufgenommen wurde und dass die malaiische Bevölkerung durch ihre Hilfsbereitschaft und Interesse sehr überrascht hat.