Über uns | Mitmachen | Suche | Kontakt/Impressum
"Deutschsein muss neu definiert werden!" Interview mit Sezen Tatlici von Typisch Deutsch e.V.
20.02.11



Kategorie: PROJEKTE

Sezen Tatlici,Typisch Deutsch e.V.

Gruppenfoto der Mitglieder

MS.de: Welche Gründe haben euch dazu bewogen, diesen Verein zu gründen? Sezen Tatlici: Deutschsein muss neu definiert werden! Es hat mich immer sehr gestört, dass in dem Diskurs um unser friedliches Zusammenleben (ich verwende den Begriff Integration nicht!) ausschließlich bestimmte Menschen (Türken/Muslime) im Fokus stehen. So verwundert es auch nicht, dass die meisten Vereine sich auf eine bestimmte Gruppe spezialisieren und dessen Sprachrohr sein möchten. Das war mir zu wenig. Ich wollte eine Initiative gründen, die alle in Deutschland lebenden Menschen einschließt und niemanden außen vor lässt. Vor allem nicht die Alt-Deutschen – ich unterscheide zwischen Alt-Deutschen und Neu-Deutschen. Wir brauchen in Deutschland bei all den Kräften, die versuchen uns zu spalten, eine Initiative, die uns alle daran erinnert, dass Deutschland unser aller Heimat ist. Die und andere Gründe bewogen mich zu dieser Entscheidung. MS.de: Erzähl uns etwas zu den Mitgliedern. Wie habt ihr euch zusammengefunden und welchen (sozialen, politischen, ethnischen, religiösen) Hintergrund habt ihr? Unsere Mitglieder kommen aus neun verschiedenen Herkunftsländern mit sieben verschiedenen religiösen Weltanschauungen! Als ich mich in meinem Freundeskreis umsah, bemerkte ich, dass ich eine sehr heterogene Mischung aus Freunden und Bekannten habe. Ich empfinde das als äußerst bereichernd! So habe ich auch meine engsten Freunde gefragt, ob sie diesen Verein mit mir begründen wollen. Ich danke ihnen allen, dass wir nun gemeinsam ein Zeichen setzen können. Wir freuen uns über JEDES weitere Mitglied und brauchen jede Unterstützung, die wir kriegen können! Also überleg’ nicht lange und werde auch DU noch heute Mitglied! (Vorstellung der Vereinsmitglieder) MS.de: Als Ziele gibt ihr u. a. an das Verständnis von Deutschsein zu verändern und euch für eine „buntes Land, eine bunte Einheit“ zu engagieren. Wie wollt ihr diese konkret verfolgen? Welche Projekte und Aktivitäten macht ihr bzw. wollt ihr in Zukunft umsetzen? Unser Verein kümmert sich momentan hauptsächlich um den Bereich Bildung. Wir planen daher als Hauptprojekt eine Tour durch verschiedene Schulen. Die Tour steht unter dem Zeichen „DEFINITION statt INTEGRATION“. Wir wollen den Schülern nahe bringen, dass wir uns nicht „integrieren“ müssen, wenn wir uns als Deutsche definieren. Dazu haben wir eine Präsentation erarbeitet und werden mit dieser, unter anderem mit einer Band, in die Schulen gehen. Außerdem planen wir ein Mentoring-Projekt zu verwirklichen, dass Jugendlichen und vor allem Schülern und Studenten zugute kommt. Außerdem planen wir Anfang September das Konzert „1000 Stimmen“ zu verwirklichen, bei dem 1000 Schüler aus dem gesamten Bundesgebiet gemeinsam in der O²-Arena in Berlin singen sollen. MS.de: Welches Feedback habt ihr bisher bekommen? Stößt ihr mit eurer bewussten „Vereinnahmung“ des Begriffes Deutsch auf Unverständnis oder sogar Kritik? Wenn ja, von wem und welche Einwände gibt es? Obwohl es uns als Verein erst seit Anfang dieses Jahres gibt und unser offizieller Start noch nicht stattgefunden hat, haben wir schon enormen Zuspruch erhalten, sowohl auf Facebook als auch auf Twitter. Das Feedback kann man als durchweg positiv bezeichnen. Trotz gegenteiliger Meinungen sind es sowohl Alt- als auch Neu-Deutsche, die unsere Initiative als unterstützenswert empfinden. Das freut uns natürlich sehr. Trotzdem sind wir uns darüber im Klaren, dass wir ein allgemeines Tabu brechen und somit auch negative Reaktionen erhalten könnten. All diese Feedbacks, ob nun negativer oder positiver Natur, zeigen uns nur allzu deutlich, dass es in unserer Gesellschaft ein großes Bedürfnis an Zusammenhalt (Einigkeit) gibt und genau diesen bietet Typisch Deutsch e.V. Aus der Selbstdarstellung: Das was gemeinhin als „typisch deutsch“ bezeichnet wird, bedarf einer neuen Definition. Gerade Deutschland muss verstehen, dass es als Einwanderungsland auch künftig auf alle seine MitbürgerInnen angewiesen sein wird. Deutsch ist unsere Sprache. Dennoch sehen wir es als Bereicherung an, dass wir überwiegend mehrsprachig sind. Für uns heißt Deutschsein auch mehrsprachig (multilingual) sein. Typisch Deutsch sein heißt für uns ferner, dass Deutschland Sprache, Religion, Ethnie, Kultur etc. in verschiedenen Ausführungen beinhaltet und diese Pluralität, in jeglicher Hinsicht, schätzen wir sehr. „Deutsche Tugenden“ und „neu-deutsche“ Namen schließen sich nicht aus. Wir sind eine Gruppe aus „People of color“ (PoC), in unserem Sprachgebrauch Neu-Deutsche und Alt-Deutschen. Alt-Deutsches und neu-deutsches vereinigt sich zu einer interessanten Synthese. Die Dynamiken in unserer Gesellschaft leben und erleben wir und dies motiviert uns diesen Verein zu gründen. Typisch Deutsch ist eine neue Art sich zu fühlen und zu leben. Wir engagieren uns dafür, dass alle Mitbürger in Deutschland verstehen, dass Deutschsein und „neu-deutsch“ heißen oder aussehen nicht in einem Widerspruch zueinander stehen. Wir stehen dafür, dass Deutschland unser ALLER Heimat ist und wir ALLE deutsch sind, egal wie verschieden wir sind. Ferner sind wir gegen Diskriminierung jeglicher Art und respektieren alle in Deutschland lebenden Menschen, so wie sie sind. Typisch Deutsch e.V. ist eine Gemeinschaft von BUNTEN Deutschen, die für Respekt und eine neue Form des Deutschseins eintreten. Unser einzigartiges Grundgesetz bietet die Grundlage für unsere neue Definition des Deutschseins – des Typisch Deutschseins. Allein §1 Absatz 1 ist Fundament unseres Menschenbildes und beeinflusst unsere Definition des Typisch Deutschseins. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ Kontakt: Typisch Deutsch e.V. www.wirsindtypischdeutsch.de mail[at]WirSindTypischDeutsch.de


In Verbindung stehende Artikel:

 "Men's mosque" - 19.04.2012 16:53
 Stellungnahme zur Studie "Lebenswelten junger Muslime in Deutschland" - 02.03.2012 16:19
 Statement zum braunen Terror und einem neuen Verständnis von Migration - 10.01.2012 17:19
 Projekt "JUMA": jung, muslimisch und selbstbewusst - 29.06.2011 22:00