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Der "Tiger-Macher" Murat Ünal
10.06.07


Von:  Iris Exo

Kategorie: DOSSIER Muslimische Vielfalt

Murat Ünal

Kurzfilme, Radiosendungen, Klingeltöne, Musikvideos - der junge deutschtürkische Filmemacher Murat Ünal, 32, arbeitet mit vielen Formaten. Sein neuster, ehrgeiziger Plan ist eine Comedyshow im Fernsehen zu verwirklichen - natürlich mit seinem Held Tiger als Showmaster. Nach fünf Jahren als Praktikant und Assistent beim Film gründete Ünal vor anderthalb Jahren seine eigene Produktionsfirma "Desire Media" in Charlottenburg. Seine Kurzfilmreihe "Tiger - Die Kralle von Kreuzberg" wurde über die Internetplattform "Youtube" schnell bekannt. In diesem Comedy-Format erklärt Tiger, ein Deutschtürke, wie das Leben für ihn und seine Freunde auf den Straßen von Kreuzberg so abläuft. Tiger ist ein überspitzt dargestellter "türkischer Kiezprolet", meint Ünal lachend. Der Außenstehende erfährt zum Beispiel wie man in Kreuzberg alles billiger bekommt - indem man sich an "KGPA - Konkret-Gute-Preis-Ahmed" wendet. "Wenn Du mit KGPA Kontakt hast, Du kannst alles kaufen - für gute Preis! (...) Weil Konkret-Gute-Preis-Ahmed hat ganz viele Cousins. Er hat Cousins in Pizzeria - kann er umsonst besorgen - günstiger besorgen. Er hat Cousins bei Mercedes - kann er umsonst besorgen. (...) Wenn Du hast Familie, bist Du reicher Mann." "Ich fühle mich als Berliner," sagt der junge Regisseur. Geboren ist er in Hildesheim, dann in Kreuzberg zur Grundschule gegangen. Die 5. bis 11. Klasse verbrachte er in Böblingen, in der Nähe von Stuttgart. Zum Abitur kam er wieder zurück nach Berlin. Er lebt und arbeitet jetzt in Charlottenburg. Ünal hat acht Geschwister, von denen drei ebenfalls in Deutschland wohnen. Die anderen fünf leben mit seiner Mutter im Nordteil Zyperns. An der Freien Universität Berlin studierte er Betriebswirtschaftslehre. Während des Studiums stellte er fest: "Ich will Filme machen." Zunächst dachte er daran abzubrechen, aber seinen Eltern zuliebe hat er zu Ende studiert. Nach dem Abschluss fing er an, als Praktikant beim Film zu jobben. "Der mieseste Job, den es gibt - Mädchen für alles," meint der Filmemacher rückblickend. Dann hatte er Glück und lernte den Regisseur Jorgo Papavassiliu kennen, der ihn als Regieassistenten zu seinen Projekten mitnahm. 2005 gründete er "Desire Media". Mit dem verdienten Geld vom Film hatte er sich einen finanziellen Puffer von einem Jahr geschaffen. Ab dann musste die Firma Gewinn bringen. Jetzt brummt die kleine Produktionsfirma. Gerade wurden zwei Musikvideos mit den Rappern MOK und Alpagun gedreht. Das Video von MOK zur Single "Big Boss" läuft seit dem 1. April auf MTV. Bei "Jamba" kann man mittlerweile Sprüche von Tiger aufs Handy herunterladen. Zwei lange Filme sind in Planung - ein Liebesfilm und eine Dokumentation über den jungen deutschtürkischen Schauspieler Oktay Özdemir, der in den Neukölln-Filmen "Knallhart" und "Wut" mitgespielt hat. Es fällt auf, dass Ünal fast ausschließlich mit anderen Deutschtürken zusammenarbeitet. "Ich weiß, wie sie ticken," sagt der Regisseur. Er bezeichnet sich selbst als gläubigen, praktizierenden Muslim. Das färbe auch irgendwie auf seine Filme ab - aber nicht so offensichtlich. Vielmehr versucht er türkische Elemente in all seine Projekte mit einzubringen und will damit zeigen, dass "viel Herz hinter der schroffen Art" von jungen Deutschtürken wie Tiger steckt. Die Idee für die Tiger-Kurzfilme kam Ünal schon vor über fünf Jahren. Der Tiger-Darsteller sei einer seiner besten Freunde, und immer schon ein lustiger Kerl gewesen. Viele Freunde hätten ihm gesagt, er soll aus seinem Comedy-Talent etwas machen. Tigers Identität im "wahren" Laben wird bis heute nicht verraten. Auf die Frage, wie der Tiger-Darsteller denn normalerweise sei, antwortet Ünal, er habe "manchmal" bessere Manieren. Vor ungefähr fünf Jahren filmte Ünal ihn zum ersten Mal aus Spaß. "Den Multikulti-Gedanken hatten wir am Anfang gar nicht. In erster Linie haben wir das für uns selbst gemacht," erklärt Ünal. Sie wollten etwas produzieren, was sie und ihre Freunde auch selbst gerne sehen würden. "Wir gucken es uns immer wieder an und lachen uns kaputt," sagt Ünal grinsend. Aber er bekommt auch kritisches Feedback von Zuschauern, die meinen, dass die Tiger-Serie nur Vorurteile bestätigen würde. Der Filmemacher sieht das gelassen: "Die Geschichte kommt von Türken. Wir lachen mit der Figur." Tiger ist zur Zeit das Erfolgkonzept der kleinen Filmproduktionsfirma, besonders im Radio. Radio Multikulti hat Tiger in die Sendung "Süpermercado" aufgenommen, die jeden Donnerstag um 10:20 Uhr läuft. Bisher sind 20 Folgen ausgestrahlt worden. Gerade ist ihr Vertrag für insgesamt 60 Folgen verlängert worden. Auch in Köln und Bremen kann man Tigers Kiez-Geschichten im Radio hören. Hier werden sie vom WDR in der Sendung "Funkhaus Europa" ausgestrahlt. Sehr stolz sind alle Beteiligten darüber, dass die Folge "KGPA - Konkret Gute Preis Ahmed" für den deutschen Medienpreis "Civis" nominiert worden ist. Der Preis wird am 10. Mai 2007 verliehen. Die Veranstaltung wird im Fernsehen übertragen - Murat Ünal und Tiger sind schon sehr gespannt.